KATAKLUMP - eine Idee. Heinrich Campendonk, Paul van Ostaijen, Fritz Stuckenberg, 15.03. - 22.06.25
„Was uns verbindet ist, glaube ich, daß unser Instinkt in Kunst und Sexus der Gleiche ist.“ 19.10.1919, Fritz Stuckenberg an Paul van Ostaijen
Ab Samstag, den 15. März 2025 zeigt das Museum Penzberg – Sammlung Campendonk eine Ausstellung zur Freundschaft zwischen den bildendenden Künstlern Heinrich Campendonk (1889-1957) und Fritz Stuckenberg (1881-1944) sowie dem Dichter Paul van Ostaijen (1896-1928). In der spannungsreichen Dreierkonstellation prallen künstlerische Vorstellungen, die Lebensrealität in der jungen Weimarer Republik und Zukunftsvisionen aufeinander. Dreh- und Angelpunkt ist die Achse zwischen dem ländlichen Seeshaupt und der Kunstmetrople Berlin in den Jahren zwischen 1919 und 1921.
Am Starnberger See schien sich zeitweilig eine Art Künstlerkolonie zu etablieren, in der sich die Kreativen in diesen Jahren austauschten. Sie suchten nach neuen künstlerischen Formen der Moderne, um einen Impuls für die Bewegung nach dem „Blauen Reiter“ zu setzen. Der Name des geplanten Manifestes war „Kataklump“, bezogen auf das lautmalerische, flämische Wort für davongaloppierende Pferde. Anhand ihres Kunstschaffens und ihrer Briefe ergeben sich neue, teils sehr private Einblicke.
„(…) in Seeshaupt muß man Schafe und Kühe malen, der Käufer will Alpenduft mitnehmen. (…) Sonst ist nichts zu machen.“ 5.8.1920, Fritz Stuckenberg an Walter Dexel
Als wahrhaften Großstädter verschlägt es Fritz Stuckenberg im Oktober 1919 (bis August 1921) von Berlin – nicht ganz freiwillig – nach Seeshaupt. Von der ländlichen Idylle verspricht er sich neben geringen Lebenshaltungskosten und einer besseren Versorgungslage künstlerische Inspiration, wie sie Wassily Kandinsky, Franz Marc oder Heinrich Campendonk erlebten. Als enger Vertrauter unterstützt der Dichter Paul van Ostaijen Fritz Stuckenbergs Idee, in die Nähe Campendonks zu ziehen. Mit dem Besuch bei Campendonk im Juli 1919 entwickelt sich zwischen dem Maler und dem Dichter eine gegenseitig inspirierende, tiefe Freundschaft.
„Drei Wochen war nun der flämische Dichter Paul van Ostaijen hier, mit welchem ich mich sehr angefreundet habe, dann will im August der Maler Stuckenberg kommen.“ 23.07.1919, Heinrich Campendonk an Walter Dexel
Es entspinnt sich ein intensiver und vertrauter Briefwechsel zwischen Oberbayern und Berlin, der noch heute intime Einblicke in die Lebens- und Arbeitssituation avantgardistischer Künstler bietet. Die Briefe schildern die Suche nach neuen Ausdrucksformen, ihre Pläne und auch das Scheitern, das Ringen um Sichtbarkeit und die Konfrontationen mit bürgerlichen Moralvorstellungen. Heinrich Campendonk ist in dem Dreiergespann ein Ruhepol, Paul van Ostaijen das Bindeglied. Stuckenberg und Campendonk hatten vermutlich bereits 1916 persönliche Bekanntschaft über die STURM-Galerie in Berlin gemacht. Nach anfänglichen Kontroversen raufen sich die beiden in Seeshaupt zusammen, dennoch erwidert Campendonk den von Fritz Stuckenberg initiierten Bildertausch nicht. Auch stellt er die amerikanische SammlerinKatherine S. Dreier, die Campendonk in den USA bekannt machte, bei ihrem Besuch in Seeshaupt Stuckenberg weder vor, noch führt er sie in dessen Atelier. Die Freundschaft zwischen Campendonk und Paul van Ostaijen dagegen hält bis zu dessen Tod 1928 und wird auch danach noch sichtbar: So entsteht um 1940 das Hinterglasbild „Melopee“, eine Interpretation van Ostaijens gleichnamigen Gedichts.
Die Ausstellung zeigt Werke von Heinrich Campendonk und Fritz Stuckenberg, die um 1920 entstanden und Grundlage für die Gespräche in Seeshaupt waren. Das Titelbild trägt die Widmung Stuckenbergs an Campendonk. Zum ersten Mal werden Korrespondenzen und Publikationen von Paul van Ostaijen hinzugezogen, um ein umfassendes Bild der Lebenswirklichkeit von Kulturschaffenden in der Weimarer Republik zu schildern.
Sowohl für Campendonk als auch für Stuckenberg waren die Jahre in Seeshaupt äußerst ereignisreich und geprägt von künstlerischer Selbstfindung und Weiterentwicklung.
Der Ausgangspunkt kontroverser Diskussionen um Kunstpolitik war Herwarth Waldens avantgardistische STURM-Galerie. Aus diesem Umkreis stammen die Arbeiten von Wassily Kandinsky, Paul Klee, Kurt Schwitters sowie von William Wauer und runden das Bild dieser künstlerisch und politisch turbulenten Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ab.
„Ostaijen, Topp, Muche, Stuckenberg, die 4 Namen tönen gut (…).“ 19.1.1920, Fritz Stuckenberg an Paul van Ostaijen
Werke der Künstler der ebenfalls aus diesem Umkreis stammenden Kollegen Georg Muche, Arnold Topp und Walter Dexel ergänzen die Ausstellung, denn auch sie sollten an der neuen Künstlergruppierung „Kataklump“ partizipieren und standen mit den Dreien in (Brief-)Kontakt. Den künstlerischen und brieflichen Konversationen unter dem Titel ‚Kataklump‘ eine Ausstellung zu widmen, ist somit eine späte Realisierung ihrer Pläne, die einst scheiterten. Alle Infos findet ihr auch in unserem Flyer.
Gleichzeitig mit der Ausstellungseröffnung erwartet die Besucher in der Dauerausstellung „Fokus Campendonk“ ein neues Highlight im Erdgeschoß: Das in geheimnisvollen Rottönen schimmernde Gemälde „Hirtin mit Kühen“ entstand 1920 und zeigt seine Beschäftigung mit der Arbeiterstadt Penzberg. Die melkende Bäuerin mit ihren Kühen in einer facettierten Landschaft schuf Campendonk in seinem Atelier in Seeshaupt zu der Zeit, als auch Stuckenberg dort lebte. Das Gemälde aus der Sammlung des Lenbachhauses in Nachbarschaft zu „Der Garten“ aus der Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart führt zwei Highlights aus jenem Schaffensjahr zusammen.
Die Ausstellung basiert auf einer Kooperation mit dem Haus Coburg | Städtische Galerie Delmenhorst.
Wir danken unseren Dauerleihgebern und den dauerhaften Unterstützern, der Firma Roche Diagnostics und dem Freundeskreis Heinrich Campendonk e.V., u.a. für die Förderung aller Kinder-Formate zur Ausstellung.
Vernissage am 14.03.2025, 18.30 Uhr
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RAHMENPROGRAMM
Öffentliche Führungen | um 11 Uhr
16.03. | 30.03. | 13.04. | 21.04. | 11.05. | 25.05. | 08.06. | 15.06. | 22.06
Für die Teilnahme ist keine Anmeldung notwendig.
Kunst & Wein im Museum mit Kuratorenführung
03.04. | Donnerstag | 18 Uhr
08.05. | Donnerstag | 18 Uhr
05.06. | Donnerstag | 18 Uhr
Kunst- und Kulturgenuss in gemütlicher Atmosphäre: Nach einer Kuratorenführung entfalten sich bei einem guten Gläschen Wein Gespräche und Begegnungen rund um die Ausstellung »Kataklump«. Eintritt und Führung kosten € 8,- pro Person. Anmeldung unter museum@penzberg.de.
Linolschnitt für Kids & Teens – auf den Spuren Campendonks
29.03. | 10.30 – 13.30 Uhr | Workshop für Kinder zwischen 10 und 12 Jahren
€ 18 inkl. Museumsbesuch, Führung und Material
Anmeldung über das Kursprogramm der VHS www.vhs-penzberg.de
Mit freundlicher Unterstützung vom Freundeskreis Heinrich Campendonk e.V.
Lesung „Campendonk spricht über seine Farben“
30.03. | 15 Uhr
Mit der Schauspielerin Michaela Steiger, Münchner Kammerspiele
Es gilt der Museumseintritt
Vortrag „Die Beweglichkeit der Farben. Campendonks Farbempfinden“
30.03. | 15.30 Uhr
Gisela Geiger, Campendonk-Expertin und ehem. Museumsleiterin
€ 5 zzgl. Museumseintritt
Anmeldung an museum@penzberg.de
Mit freundlicher Unterstützung vom Freundeskreis Heinrich Campendonk e.V.
Hinterglasmalerei für Kids & Teens
24.04. | 10 – 14 Uhr | Workshop für Kinder von 7 bis 12 Jahren
€ 20 inkl. Museumsbesuch, Führung und Material
Anmeldung über das Kursprogramm der VHS www.vhs-penzberg.de
Mit freundlicher Unterstützung vom Freundeskreis Heinrich Campendonk e.V.
Hinterglasmalerei. Heinrich Campendonk und der Blaue Reiter
Ein Workshop für Erwachsene
10.05. | 11-18 Uhr
€ 68 inkl. Museumsbesuch, Führung und Material, bitte Glas-Bilderrahmen mitbringen
Anmeldung über das Kursprogramm der VHS www.vhs-penzberg.de
Geführte Fahrrad-Rundtour
17.05. & 24.05. | 10-12 Uhr | Penzberg – Loisach – Kochelsee-Moore – Künstlerdorf Sindelsdorf - Museum Penzberg
€ 27 | inkl. Museumseintritt
In Zusammenarbeit mit „Radtattouri“
Anmeldung an: radtouren-oberbayern@t-online.de
Geführte Fahrrad-Tour
18.05. & 25.05.| 10-13 Uhr | Künstler-Wohnort Seeshaupt – Starnberger See – Osterseen – Museum Penzberg
€ 35 | inkl. Museumseintritt
In Zusammenarbeit mit „Radtattouri“
Anmeldung an: radtouren-oberbayern@t-online.de