Heinrich Campendonk, Pferd, Gems, Kuh, um 1913, Stickereientwurf © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

„Ringsum Schönheit“ - Campendonk, die Expressionisten und das Kunsthandwerk | verlängert bis 07.11.2021

 

Erstmals kann im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk die bedeutsame Wechselbeziehung von kunsthandwerklichen Arbeiten und moderner Malerei anhand zahlreicher Werke von Vertreter*innen des Blauen Reiter, der Brücke und der Rheinischen Expressionisten nachverfolgt werden. Heinrich Campendonks Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Krefeld und sein Bezug zum Kunsthandwerk stehen im Zentrum der Ausstellung.

Kunst und Leben gehörten für viele avantgardistische Künstler*innen zusammen. Töpfern, Schnitzen, Sticken sowie Raum- und Möbelgestaltung waren als gleichrangige Ausdrucksform zeitgemäßen Kunstschaffens anerkannt. Der private Raum wurde somit zum Spiegel der eigenen Persönlichkeit.

 

Künstler als Entwerfer

Der Gedanke einer künstlerischen Gestaltung aller Lebensbereiche verbreitete sich in den Reformbewegungen um die Jahrhundertwende. Aufgegriffen und vermittelt wurde er an den fortschrittlichen Kunstgewerbeschulen. Heinrich Campendonk und Helmuth Macke erlernten in Krefeld von Johan Thorn Prikker die Zusammenführung von Kunst und Handwerk: Die Künstler wurden zu Erfindern neuer Formen für die gewerbliche Industrie. Ergriffen vom Reformgeist der Zeit planten Heinrich Campendonk und August Macke bereits 1912 in Köln eine Akademie auf Basis des Kunstgewerbes. Eine Idee, die jedoch erst nach dem Ersten Weltkrieg mit der Gründung des Bauhauses in Weimar Realität wurde.

 

Zeitlebens befasste sich Campendonk mit dem Auflösen der Gattungsgrenzen, indem er kunsthandwerklichen Techniken eine große Bedeutung zusprach. Seine frühen Stickerei-Entwürfe, Hinterglasbilder oder auch Holzschnitte zeugen von dieser Ent-Hierarchisierung der Techniken. Da nur wenige Stickereien Campendonks erhalten sind, hat das Museums eigens für die Ausstellung die Textilkünstlerin Anna Nehez (www.annaliebst.de) mit einer Replik beauftragt.

 

Expressionistisches Kunsthandwerk

Ausgehend vom vielseitigen Schaffen und Entwerfen Campendonks nimmt die Ausstellung weitere Künstler*innen in den Blick, die heute dem Expressionismus zugeschrieben werden. Inspiration schöpften Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Maria Franck-Marc, August Macke und Ernst Ludwig Kirchner aus der Volkskunst, traditionellen Handwerkstechniken und nicht-westlichen Kultobjekten. Sujets, die wiederum in den zeitgleichen Gemälden Einzug fanden. Unter den Rheinischen Expressionisten ist die Künstlerin Fifi Kreutzer eine Entdeckung. Sie war bereits 1914 auf der Werkbundausstellung in Köln mit Wandbehängen, Webereien und Keramiken vertreten. Anfang der 1920er-Jahre fertigte sie Stickereientwürfe und entwarf Vorsatzpapiere für Buchverlage. In Penzberg werden zum ersten Mal im süddeutschen Raum die phantasievollen Arbeiten Fifi Kreutzers gezeigt. 

 

Dank zahlreicher Leihgaben namhafter Museen und Sammlungen wird so in thematisch gegliederten Räumen ein von der Kunstgeschichte kaum beachteter Gegenstand in seiner ganzen Vielfalt präsentiert: Ein Panorama an Techniken und Stilrichtungen des frühen
20. Jahrhunderts, das von Jugendstil-Möbeln Richard Riemerschmids, einem geschnitzten Spiegelrahmen Ernst Ludwig Kirchners, einer Webarbeit Maria Franck-Marcs bis zu einem zwei Meter langen Gobelin Heinrich Campendonks reicht.

 

Die Ausstellung im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk findet im Rahmen der Ausstellungsreihe „Avantgarde in Farbe. Blauer Reiter, Brücke, Expressionismus“ der MuSeenLandschaft Expressionismus statt.

 

Begleitprogramm

 

Mittwoch | 06. Oktober 2021 | 19 Uhr

Vom Kissen zum Glasfenster. Johan Thorn Prikker & seine expressionistischen Künstlerfreunde

Online-Vortrag von Dr. Christiane Heiser

Für den Link bitte anmelden unter museum@penzberg.de. Die Teilnahme ist kostenlos.

 

Sonntag | 17. Oktober 2021 | 15.30 Uhr

Teufelswerk & Engelsgabe

Impulsführung durch die Ausstellung, anschließend

Konzert in der Stadthalle in Kooperation mit Code Modern

 

Mittwoch | 20. Oktober 2021 | 19 Uhr

Kunst = Leben. Kunsthandwerk im Rheinischen Expressionismus & beim Blauen Reiter

Online-Vortrag von Diana Oesterle und Dr. Ina Ewers-Schultz

Für den Link bitte anmelden unter museum@penzberg.de. Die Teilnahme ist kostenlos.