Heinrich Campendonk, Blumenbild (um 1918) © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

1919. Campendonk und die Revolution

1919. Campendonk und die Revolution | 20.07. - 03.11.2019

Die Novemberrevolution von 1918 versprach eine bessere Zukunft, die sich die Menschen nach den jahrelangen Kriegswirren ersehnten. Mit gleich zwei Ausstellungen nähert sich das Museum Penzberg – Sammlung Campendonk vom 20.07. bis zum 03.11.2019 dieser turbulenten Zeit: Das Verschwinden der alten Ordnungen wurde besonders von den Künstlern als eine Chance gesehen. Diese Hoffnungen verarbeiteten sie in eindrucksvollen Kunstwerken. Während der Münchner Räterepublik verfolgten Heinrich Campendonk, Georg Schrimpf und Fritz Schaefler aufmerksam das revolutionäre Geschehen. Einen Einblick in diese Bild- und Gedankenwelt zeigt die Ausstellung „1919. Campendonk und die Revolution“.

 

Ergänzend widmet sich die zweite Ausstellung „1919. Stadt statt Stillstand“ im Dachgeschoß des Museums dem Revolutionsjahr aus der Perspektive Penzbergs, das genau vor 100 Jahren zur Stadt erhoben wurde - ein Grund zu feiern!

 

Heinrich Campendonk, jüngstes Mitglied des „Des Blauen Reiters“, weilte von 1916 bis 1922 in Seeshaupt am Starnberger See und setzte sich in dieser Zeit intensiv mit der Bergarbeiterkolonie Penzberg auseinander, die im März 1919 das Stadtrecht erhalten hatte. Die Stadterhebung veränderte elementar die Rechte und Lebensverhältnisse der Bergleute.

 

Die Ausstellung rückt erstmals Heinrich Campendonks Engagement für eine Neuausrichtung der Kunst, des Künstlers und der Gesellschaft in den Fokus. Themen wie die „Lebensrealität nach dem Ersten Weltkrieg“ oder die „Flucht in Utopien“ werden zusätzlich illustriert von Werken der Künstler Otto Mueller, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Stuckenberg. Ergänzt werden diese durch Werke von Conrad Felixmüller, Georg Schrimpf, Albert Bloch sowie Fritz Schaefler, die sich in München politisch engagierten. Campendonks Grafiken und Malereien sowie Plakate, Postkarten und Dokumente der bewegten Zeit sind auf zwei Stockwerken des Museums chronologisch und thematisch angeordnet. Der Rundgang ermöglicht es, die vielfältigen, in einer kurzen Schaffensphase entstandenen Werke vor dem Hintergrund dieser Umstürze zu lesen.

 

Wie viele andere Vertreter der künstlerischen Avantgarde vertrat Heinrich Campendonk während der Rätezeit ein proletarisches Kunstverständnis. Im Dezember 1918 erfuhr er, dass er als Mitglied des Kreises um die Berliner Galerie „Der Sturm“ zur „Novembergruppe“ angemeldet worden war. Damit war er zugleich dem „Arbeitsrat für Kunst“ beigetreten. In Anlehnung an die Soldaten- und Arbeiterräte hatten sich deutschlandweit Künstlerräte gebildet, die eine Neuausrichtung der Kunst erstrebten.

 

Obwohl er die Mitgliedschaft wohl nicht beabsichtigt hatte, unterzeichnete Campendonk das erste Manifest des „Arbeitsrats für Kunst“ und beteiligte sich an einer Umfrage, die 1919 in der Schrift „Ja! Stimmen des Arbeitsrates für Kunst“ veröffentlicht wurde. Campendonks Antwortschreiben belegt eindrucksvoll seine Vorstellungen von der Bedeutung der Kunst, der Ausbildung des Künstlers und der Zukunft des Kunstbetriebs. Eine maßgebliche Rolle spielte hierbei seine eigene Ausbildung an der Krefelder Kunsthandwerkerschule. Für die Publikation reichte er das Gemälde „Blumenbild“ ein, welches als Leihgabe in und als Titelbild der Ausstellung zu sehen sein wird.

 

Die Stadterhebung Penzbergs 1919 und die politischen Umstände in Bayern werden in einer expressionistischen Ausstellungsarchitektur inszeniert. Erstmals wird auch die aktive Rolle der Frauen für die gesellschaftliche Entwicklung in den Blick genommen. Historische Filmdokumente und Zeitzeugeninterviews lassen die Geschehnisse für die Besucher lebendig werden.

 

Im Bergwerksmuseum wird die Ausstellung fortgesetzt: Hier richtet sich der Fokus auf die Arbeit im Bergwerk, die jahrzehntelang den Takt der Stadt bestimmte.

 

Kostenlos gibt es im Museum das „Kleine Wörterbuch der Revolution. Für kleine und große Rebellinnen und Rebellen ab 12 Jahren“, das von der Monacensia im Hildebrandhaus entwickelt wurde.

 

Begleitprogramm

 

20. Juli 2019, 15 – 22 Uhr

Großes Sommerfest zur Eröffnung mit Führungen, Lesungen & Musik

 

24. Juli 2019, 19 Uhr

100 Jahre danach - Die Revolution von 1918/19 in München und ihre Folgen
Vortrag von Dr. Bernhard Grau, München (Direktor des Bayerischen Hauptstaatsarchivs )

 

17. Oktober 2019, 19 Uhr

Sommer Vierzehn – Die Geburt des Schreckens der Moderne
Filmvorführung (27 min) und Gespräch mit den Filmemachern

 

29. Oktober 2019, 19 Uhr

Heinrich Campendonk im Dienste der Gemeinschaft
Festvortrag von Dr. Friederike Schuler, Köln zu Heinrich Campendonks 130. Geburtstag