AUSTIN EDDY X CAMPENDONK. VOGEL, FISCH UND FARBE

„I think of the birds more as metaphors for the human condition,
so they exist as a window for understanding the self.“ Austin Eddy 

Ein Jahrhundert und die künstlerische Avantgarde zweier Kontinente liegen zwischen der Kunstproduktion von Heinrich Campendonk (1889-1957) und dem 1986 in Boston geborenen Austin Eddy. Die Arbeiten des Künstlers, der in Brooklyn/ New York lebt und arbeitet, sind derzeit in zahlreichen Ausstellungen in den USA und Europa zu sehen. 

Eddys Stillleben sind nicht still, sondern stehen viel mehr für physische und psychische Bewegung. Vögel im Sturzflug als auch Fische in Zweisamkeit werden mitunter zu Metaphern für das menschliche Streben nach Freiheit als auch Stabilität und Struktur. Mit Linien, Punkten, Textur und Farbe legt Eddy universale Chiffren für grundlegende Emotionen dar, ohne dass der Mensch zu sehen ist. Seine Bildsprache erinnert zuweilen an Werke Heinrich Campendonks in einem gleichsam zeitgenössischen Vokabular. Dabei ist die schmerzliche Sehnsucht nach der verlorenen Harmonie von Mensch und Natur, wie sie der Blaue Reiter formulierte, deutlich zu spüren.

Eher unbewusst reflektiert der Betrachter im Angesicht der Gemälde, Skulpturen und Aquarelle des jungen amerikanischen Malers die Bildsprache der Avantgarde zu Anfang des 20. Jahrhunderts: Eddys Vögel und Fische, Blumen, Bäume und Bauten sind mehr Form als Tier und Haus. Sie stehen für das menschliche Verlangen nach persönlicher Freiheit, verbunden mit dem Wunsch nach Stabilität und Struktur. Sein Werk bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen figurativ und abstrakt und erinnert an kubistische Formen des 20. Jahrhunderts, an das frühe Farb- und Formenvokabular Campendonks, an seinen metaphorischen Einsatz von Tieren und Natur im Sinne von Stellvertretern eines spirituellen Zugangs zur Welt. 

In diesem Zusammenhang wird die Nähe der Dauerausstellung mit den Werken Campendonks zu einem spannenden Dialog, der einige nie gezeigte Werke aus dem Museumsbestand in den Fokus rückt. Erstaunliche Parallelen zwischen beiden Künstlern werden sichtbar. Es sind nicht nur die komplementären Kontraste in Farbe und Format, sondern auch der Einfluss von Volkskunst und Kunsthandwerk, womit die künstlerische Praxis von Campendonk als auch Eddy den Betrachtenden für sich gewinnt.

Austin Eddy thematisiert den Menschen in der Gesellschaft, seinen Umgang mit der Natur, das Streben nach Zweisamkeit, Einheit und Harmonie – und das in Zeiten großer Unruhe. Die Verbindung zu Heinrich Campendonk sowie dem geistigen Erbe der europäischen Avantgarde am Anfang des 20. Jahrhunderts beruht auf dem kollektiven Gedächtnis. Die Relevanz der Themen sowie die expressive Farbigkeit bilden in Eddys zeitgenössischer Ausdrucksweise einen schlüssigen Kreislauf, in dem die amerikanische Farbflächenmalerei der Nachkriegszeit unmittelbar miteinfließt. Die Kunstmetropole New York hat Austin Eddy offensichtlich geprägt, denn wie er sagt: Seine abstrahierten Naturmotive findet er zwischen Hochhäusern, im Park und in seiner Erinnerung. Damit verleiht Eddy seinen Werken einen stimmigen Tiefgang im Sinne dessen, dass der Betrachtende im 21. Jahrhundert, auf sich selbst zurückgeworfen ist: ‚What you see is what you see‘.

Darf man zwei Maler einfach mal so vergleichen? Ja, sagt Austin Eddy, es ist das Fortschreiben der Kunstgeschichte. Sein Vorgehen bezeichnet er als Erinnerungsdepot, das in Mensch, Geschichte und dem weiten Raum der Poesie verankert ist. Umgekehrt erlaubt Eddys Kunst auch einen neuen Blick auf jene Weichenstellung der Malerei, die im Expressionismus so entscheidend war.

Der Besuch des Künstlers in Penzberg und im Land der Blauen Reiter findet sich in zwei Zeichnungen wieder, die mit Abstand, aus der Erinnerung heraus, in seinem Atelier in Brooklyn entstanden.
In der Ausstellung wird ein im Museum Penzberg – Sammlung Campendonk gedrehtes Filmgespräch mit Austin Eddy gezeigt. 
Zur Ausstellung erscheint ein Booklet.
Die Ausstellung wurde erarbeitet in Kooperation mit KNUST KUNZ Gallery Editions, die Austin Eddy in Deutschland vertritt.

Wir danken unseren Dauerleihgebern und den dauerhaften Unterstützern, der Firma Roche Diagnostics und dem Freundeskreis Heinrich Campendonk e.V. 

 

Rahmenprogramm

13.07. | 15 Uhr 
Sommerfest zur Eröffnung der Ausstellung mit Café und Kuchen, Sekt und Wein, Einführungsreden und musikalischer Begleitung mit Thomas Bouterwek
16.30 Uhr | Lesung “Ausgewählte Werke von Austin Eddy”
mit der Schauspielerin Michaela Steiger 
Ab 15 Uhr freier Eintritt. 

20.07. | 03.08. | 17.08. | 31.08. | 14.09. | 21.09. | 28.09. | 12.10. 
jeweils um 11.30 Uhr | Öffentliche Führungen in der Sonderausstellung
€ 5,- zzgl. Museumseintritt

 04.09. | 02.10.
jeweils um 18 Uhr | Kunst & Wein mit Kuratorenführung
Es gilt der Museumseintritt.
Anmeldung an museum@penzberg.de

04.09. 
11 bis 14 Uhr | „Austin Digitals“ - Ein Workshop für Kinder: digitales Gestalten am Tablet
Vogel, Fisch und Farbe! Nach einer Führung durch die Ausstellung werden fotografierte Bildausschnitte gestaltet. Es entstehen individuelle digitale Kunstwerke mittels Übermalung und Collage. Eigenes Tablet mit Zeichen-App erforderlich. Die angewandte App (kostenpflichtig) gibt die Kunstvermittlerin den Teilnehmern zeitnah bekannt. 
Mit Johanna Michalowski, ATELIER ART BRUT 
 ab 10 Jahre | Teilnahmegebühr und Museumseintritt € 10,-
Anmeldung: www.penzberg.ferienprogramm-online.de 
Mit freundlicher Unterstützung des Freundeskreises Heinrich Campendonk e.V.

21.09.
15 Uhr | Künstlergespräch mit Austin Eddy 
Es gilt der Museumseintritt.
Anmeldung an museum@penzberg.de